Meine Yogalehrerinnenkarriere beginnt sehr smooth: Im November und Dezember werde ich an je einem Sonntag im hiesigen Studio einen gemütlichen Leseabend mit Texten aus der Mythologie anbieten, aufgelockert mit leichten Bewegungsübungen und Meditation. Ist noch lange hin, aber ich freue mich jetzt schon drauf! Das wird gemütlich, freundlich, entspannt.
You all want the whole world to be changed so you will be different.
Darf ich dich dazu mal was persönliches fragen? Falls dir das zu privat ist, ignorier es gerne (oder antworte auch gern per PM, falls zu öffentlich hier). Aber es würde mich wirklich interessieren, weil ich mich speziell bei den mythologisch interessierteren Yoga-Lehrer*innen meist im Kursraum nicht traue, diese ganzen Sachen im Ansatz zu hinterfragen.
Ich bin als eher sporadischer und an der Faszien-Lockerung interessierter Yoga-Schüler immer etwas erstaunt von offensichtlich langansässig deutschen Yoga-Lehrer*innen, die z.B. hinduistische Handzeichen, Gebete und Weisheiten in ihre Praxis einfließen lassen, Ganesha-Statuen aufstellen, Räucherstäbchen entzünden u.ä., da ich mir meist schwer vorstellen kann, dass sie tatsächlich zum Hinduismus konvertiert sind. Ich nehme das dann meist eher als eine Art kultureller Pose wahr und komme mir dabei merkwürdig vor (mache beim gemeinsamen "Om" z. B. nie mit, wenn dazu aufgefordert wird, weil ich es irgendwie schräg finde, ein Gebetswort einer Religion zu sprechen, der ich nicht angehöre). Ich habe ähnliches auch schon von indischen Freunden gehört, die von den religiösen Einflüssen in westlichen Yoga-Schulen irritiert waren, da sie es aus Indien selbst eher als sehr weltliche Gymnastik-Übungen kennen.
Wie blickst du als angehende Yoga-Lehrerin auf den ganzen Überbau, wenn du selbst dich offenbar ebenfalls mit der Mythologie auseinandersetzt? Hat das für dich tatsächlich quasi-religiösen Charakter? Glaubst du an das, was die Mythologie lehrt? (meine das keinesfalls herablassend, bitte nicht falsch verstehen!) Falls nein: Wo ziehst du die Grenze zwischen Mythologie, die du für dich annimmst, und Glauben?
Danke für die Frage; das ist ein Thema, mit dem ich mich tatsächlich ebenfalls gerade intensiv auseinandersetze.
Zunächst mal: Ich werde mythologische Texte verschiedener Kulturkreise lesen; hier liegt zum Beispiel schon "Die Geschichten von Yggdrasil" bereit, wo es um nordische Sagen und Legenden geht. Das war vermutlich missverständlich formuliert. Mein Hintergedanke ist, dass es sich hierbei meist um Geschichten mit einem tieferen Sinn, einer Art Moral handelt. Und die nicht allzu brutalen Erzählungen sind gmeinhin allgemein ansprechend. Passend zu einem gemütlich-meditativen Abend.
Was die spirituellen Einflüsse auch in deutschen Yogastudios angeht, liegt das vermutlich am ehesten daran, dass Yoga nunmal fernab der "gymnastischen Übungen" schlicht eine Meditationslehre ist. Im Yogasutra, einem der ältesten Texte dazu, werden überhaupt keine Asanas (die typischen Yogahaltungen) erwähnt; der Verfasser erläutert einzig und allein die Meditation als Methode, die Gedanken im Geist zur Ruhe zu bringen und so zu Befreiung des Geistes zu finden. (Und die Atemübungen, aber das führt jetzt zu weit.) Die Asanas kamen erst später dazu, sie dienen der Gesunderhaltung des Körpers und versetzen ihn in die Lage, überhaupt erst mal 20, 30, 80 Minuten still, fest und aufrecht dazusitzen, um die Meditation durchzuziehen.
Das Menschenbild des Yoga geht ganz grob gesagt davon aus, dass wir in unserem Innersten reines Bewusstsein und reine Glückseligkeit sind, wir alle, denn wir sind alle verbunden. Dieses Innerste wollen wir erreichen, das wollen wir finden und erspüren. Dazu meditieren wir und dazu wiederum praktizieren wir die Asanas und Atemübungen. Mantras wie "OM" oder "OM namah shivaya" oder wie sie alle lauten, unterstützen uns dabei. Sie sollen den Geist beruhigen. Du musst da nicht mitmachen, wenn du dich damit unwohl fühlst. Das hätte vermutlich eher einen gegenteiligen Effekt.
Was die Handzeichen - Mudras - angeht, sollen sie bei verschiedenen Aspekten unterstützend wirken und Energien im Körper lenken. (Das kommt aus dem Kundalini-Yoga, für den man sowieso eine etwas ausgeprägtere spirituelle Ader zu brauchen scheint.) Das typische Chinmudra, bei dem Daumen und Zeigefinger aneinandergelegt werden, soll beispielsweise die Konzentration stärken. Deshalb macht man es bei der Meditation. Auch da gilt: Wenn du dich damit unwohl fühlst, lass es sein.
Räucherwerk ist nix Religiöses oder typisch hinduistisch/ buddhistisches; das gibt es in vielen Traditionen und es wirkt auf viele Menschen einfach beruhigend und angenehm. Was Ganesha- und Buddhastatuen angeht, betrachtet man sie eher symbolisch. Buddha ist ein schönes Vorbild, was Meditation und Versenkung angeht. Da muss man kein Buddhist sein, der Typ war einfach cool. Und die Götter des Hinduismus dienen ganz klar als Symbole für das, was wir in der Meditation vermitteln wollen: Ganesha zum Beispiel gilt als Beseitiger von Hindernissen, er beschützt uns, wenn wir etwas Neues wagen. Shiva ist der "Uryogi", der den Tanz des Lebens lehrt - vgl. die Nummer mit der Glückseligkeit: Das Leben, so sagt der Yoga, ist ein Singen und Tanzen, ist reine Freude. Das symbolisiert ein tanzender Shiva. Dazu brauche ich nicht an diese Götter zu glauben, das sind einfach schöne Bilder für das, was wir zu ereichen versuchen.
Ich selbst betrachte die Philosophie des Yoga (nicht Religion; ich bin keine Hinduistin und auch keine richtige Buddhistin) als interessante Hilfestellung auf meinem persönlichen Weg. Wenn ich in meinem Innersten einen Kern der reinen Glückseligkeit trage und den über meine Yogapraxis ansprechen und "rauslocken" kann, ist das erstmal eine Vorstellung, die mir sehr gut gefällt. Zu diesem Zweck meinen Körper als Werkzeug zu kräftigen und gesund zu halten, schadet auch nichts. Nicht zuletzt gibt es Studien, die zeigen, dass meditative Versenkung tatsächlich Veränderungen am Gehirn bewirken kann. Die Chakren - Energiezentren in unserem Körper - werde an Stellen verortet, an denen ganz banal Hormondrüsen liegen. Das ist also alles nicht "nur" spirituelle Vorstellung, sondern bietet die Möglichkeit realer Veränderung.
Wenn du das alles nicht möchtst, was total okay ist, kannst du dich einer Richtung des Yoga widmen, die darauf verzichtet und nur die reine Bewegungslehre weitergeben will. Da sind Sportstudios meist ganz gut, die reinen Hathayoga ohne "Gemache" anbieten. Kundalini & Co solltest du vielleicht lieber meiden. Ich glaube, Iyengar-Yoga ist auch eher körperlich ausgerichtet.
Ich hoffe, das erklärt es ein bisschen?
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was hier freut: soeben mietvertrag unterschrieben! doppelfreu wegen sehr entspannender zeitlicher entzerrung. so ein luxuriöser umzug stand mir noch nie bevor: ein monat zeit, um schon mal alles mögliche zu packen und auszumisten, und dann noch mal ein ganzer monat, innerhalb dessen ich peu a peu von dieser in die direkte nachbarwohnung umziehe. ich kann quasi meine gewürzgurkengläser aus dem einen küchenschrank direkt über zwei schwellen tragen und in den anderen küchenschrank stellen.
Zitat von tenno im Beitrag #8824ich kann quasi meine gewürzgurkengläser aus dem einen küchenschrank direkt über zwei schwellen tragen und in den anderen küchenschrank stellen.
Das stelle ich mir ungefähr so vor: Bild entfernt (keine Rechte)
Zitat von Sugate im Beitrag #8829glückwunsch. darf man fragen was das upgrade beinhaltet bzw den ausschlag gab ? mehr fläche oder schönerer ausblick, andere zimmereinteilung ?
15qm mehr, 2 vollwertige u abgetrennte zimmer vs eineinhalb mit durchgang. bislang war logierbesuch kaum möglich, und außerdem werd ich jetzt wohl endlich platz für eine eigene musikecke haben. :)
Zitat von tenno im Beitrag #8824ich kann quasi meine gewürzgurkengläser aus dem einen küchenschrank direkt über zwei schwellen tragen und in den anderen küchenschrank stellen.
Die letzten Sechs in der Playlist: Sam Fender - People Watching || Heartworms - Glutton for Punishment || Matilda Mann - Roxwell || Panda Bear - Sinister Grift || Greentea Peng - Tell Dem It's Sunny || Various Artists - A Complete Unknown: Original Motion Picture Soundtrack
Danke dir für die Erläuterungen, @Mory, die ich alle nachvollziehen kann. Ein leichtes Störgefühl bleibt bei der Verwendung fremder Götterbilder und heiliger Wörter irgendwie, aber ich meinte es überhaupt nicht anklagend. Fand nur interessant, wie dein Blick auf die Dinge ist, weil du dich ja augenscheinlich viel damit beschäftigst.
Meine übliche Yoga-Lehrerin ist auch ausgebildete Körper- und Physiotherapeutin und macht eine sehr auf die Verbindung von Körper und Geisteshaltung fokussierte, eigene Variante des Yogas, die für mich eigentlich perfekt ist, weil sie weitgehend ohne den Überbau auskommt - und Ganesha steht meist nur stumm daneben. Manchmal, wenn sie krank ist, haben wir da aber Ersatzlehrer, die dann ihren eigenen Stil da mit reinbringen, der mich manchmal schon ein wenig irritiert - wobei das alles keine Hardcore-Spirituellen sind, wie es scheint.
Zitat von tenno im Beitrag #8824ich kann quasi meine gewürzgurkengläser aus dem einen küchenschrank direkt über zwei schwellen tragen und in den anderen küchenschrank stellen.
Das stelle ich mir ungefähr so vor:
Asterix.
"Auf deinem Shirt steh‘n die Dinge, Die du gerne wärst, nicht die du bist, Was im Grunde völlig in Ordnung ist. Nur: Wir können alle lesen Und du bist nie ein Dreckstück gewesen."