"Ich habe beim Ordnen von Papieren völlig absurde Notizen auf einseitig bedruckten Flyern ("Frankreich - Deutschland: Konterrevolution und soziale Kämpfe") gefunden, die ich vor über zehn Jahren in die Küche meiner damaligen Berliner WG angefertigt habe ... und habe sie komplett ins Buch integriert."

Das war zuerst ni der "Papageienschaukel".
Fand die damals dort schon reichlich deplaziert und bin jetzt zum Ergebnis gekommen, daß sie in "Järv" um einiges besser aufgehoben sind. So möge es sein.
Ein Glück, daß ersteres noch auf Eis liegt. Da kann ich dort auch noch was reinbasteln.

Dann lasse ich auch mal eine Leseprobe hier, damit ihr wißt, was der Menschheit bevorsteht.

Und zwar den Anfang, der mir meiner Meinung nach wirklich gelungen ist:


„Ein neuer Name ist dringend erforderlich“ dachte Gaffory, als er - storchbeinig über zwei geflieste Treppenstufen stakend, die zur Eingangstür führten - seine Stammkneipe verließ.
Er kam gerade aus der „Bar Milano“ in der Karlsruher Südstadt, wo er sich – einem plötzlichen Anfall von Bierdurst nachgebend – fünf kalte Hefeweizen „in den Kopf gestellt hatte“, wie er es gerne in einer von den geschätzt zwanzig ihm zur Verfügung stehenden Metaphern für „sich betrinken“ ausdrückte, sich dabei zumeist hochoriginell dünkend.
Stefan Gaffory mußte sich wieder einmal schmerzlich zwei unabänderliche Tatsachen vergegenwärtigen: er war nicht mehr jung, und er vertrug nur noch einen Dreck. Fünf Weizen waren gemessen an den glanzvollen Exzessen seiner Adoleszenz eine seichte Bierpfütze, die im Lauf der Jahre immer tiefer geworden war und an jenem Abend eine Tauchfahrt in einem Batyskaph ermöglicht hätte, was er jedoch in einer kurzen Aufwallung von fast frühkindlichem Trotz nicht einsehen wollte.
Deshalb bewegte er sich - mühsam darauf achtend, seine Balance zu halten – nur bedingt koordiniert ein paar Schritte vorwärts und pausierte leicht schwankend schon am Nachbarhaus, verbissen auf allerlei Tags stierend, die auf dem dortigen Burgunderrot zumeist lacksilberne und schwarze Muster bildeten, denen er nur noch mit Mühe folgen konnte.
Dennoch versuchte er, ihre Linien mit der Spitze seines rechten Zeigefingers nachzufahren, nach dem Motto „schaut her, ich habe zwar gar mächtig einen im Koffer sitzen, aber noch alles unter Kontrolle“.
Überflüssig zu erwähnen, daß das Vorhaben scheiterte, und zwar an einem merkwürdig gekrümmten wurstförmigen „T“, das seine Fingerkuppe fünfmal nacheinander an der Nahtstelle zwischen Längs – und Querbalken aus der Kurve trug.
Er gab es auf und überließ seinen Hirnschwamm resignierend dem Klauenspiel von Dämon Alkohol, während er sich schwer schnaufend – was ihn jedoch nicht vom Rauchen abhielt, denn Ordnung mußte sein – mühsam Schritt für Schritt dem Taxistand vor dem Badischen Staatstheater näherte.
Hierbei stellte er - durch seinen Zustand quasi zwangsautistisiert allein auf seine Körperfunktionen und sein Innenleben konzentriert und äußeren Einflüssen unzugänglich – fest, daß Dämon Alkohol zumindest manchmal brauchbare Ideen aus seiner Hirnrinde hervorkratzte.
Er erinnerte sich an das alte Familienstammbuch seiner deutschen Großeltern, das ihm nach deren Tod in die Hände gefallen war.
Gar absunderliche Namensvorschläge standen darin aufgereiht. Auffällig war ein seiner Erinnerung nach immenses Konglomerat von „Helmen“:

„Friedhelm“ und „Helmfried“, „Helmbert“ und „Landhelm“, „Markward“, „Meinhard“, „Meinrad“ und „Neithard“, womit sich zumindest ein guter Freestyle – Rap hätte bestreiten lassen, „Siegward“ und „Sturmhard“ … ach, was für ein altgermanisches Verblödungsfest könnte man heute doch feiern, dachte er, hätte sich diese Mode als zum Glück einziges Überbleibsel dieser Dreckszeit erhalten!
Man stelle sich im „ZDF – Fernsehgarten“ (moderiert von Warmund Silbereisen) mal das Volksmusikduo „Werngard und Widukind“ vor … nun gut, übertreiben mußte man es dann doch nicht.
Aber über all dem trostlosen Blut – und Eisenwald thronte in einem Glorienschein trotz dieser ethnologischen Geschichtsträchtigkeit der mit Abstand debilste Vornamen aller Zeiten, sämtliche Totalausfälle aus anderen Kulturkreisen magnesiumfackelhell überstrahlend:

Schwerthelm.

Jessas, wird das irre.
Ich hab grad soviel Spaß dran, komplett abstrusen Scheiß zu erfinden und selbsterlebte Anekdoten darunterzumischen ... ich weiß immer noch nicht, wo das hinwill, aber es wird definitiv speziell.

Freut mich!

Zitat von CobraBora im Beitrag #323

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Aber das ist doch unmöglich auf Buchlänge durchzuhalten... oder?

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Das war Absicht. Manchmal greife ich auf Bilder zurück, um irgendwas Angefangenes weiterzustricken; ansonsten bin ich mit Wortwiederholungen (auch in Teilen) sehr eigen und habe da manchmal schon mein jeweiliges Lektorat zur Verzweiflung gebracht.

Habe aus Recherchegründen tatsächlich mal versucht, mich mit Wurmlöchern zu beschäftigen und bin schon beim ersten Satz gnadenlos gescheitert:

Die allgemeine Relativitätstheorie erweitert den anschaulichen euklidischen Raum der Alltagserfahrung zum allgemeineren Gebilde der Raumzeit. Mathematisch ist die Raumzeit eine vierdimensionale, pseudo-riemannsche Mannigfaltigkeit. Jegliche Form von Energie, wie etwa Masse, Licht oder elektrische Ladung, verändert geometrische Eigenschaften der Raumzeit, die wiederum selbst einen Einfluss auf die Bewegung der im Gebiet befindlichen Objekte haben.

Aha.

Mein allergrößter Respekt vor Naturwissenschaftlern. Will ich mich wirklich dumm fühlen wie ein Zweipfünder Roggenbrot, muß ich nur sowas lesen.