Ich kann mir vorstellen, dass die Begründung für die Einstufung, wonach die AfD einem "ethnisch-abstammungsmäßigen Volksverständnis" anhinge, das verfassungsfeindlich sei, anfechtbar ist. Es war seit Gründung der Bundesrepublik üblich, dass der Begriff die "Deutschen" nicht nur als Staatsangehörigkeit sondern auch als ethnische Kategorie benutzt wird. Die seit damals existierende Definition von "nationalen Minderheiten" (Sorben, Friesen, Dänen, Sinti) mit Sonderrechten scheint ja beispielsweise unsinnig, wenn ausschließlich eine Herleitung über die Staatsbürgerschaft legitim ist. Das sind ja deutsche Staatsbüger, wie können sie also dann einer nationalen Minderheit angehören? Genauso müsste dann auch der aktuelle Wikipediaeintrag verfassungsfeindlich sein, der besagt:
ZitatEstimates on the total number of Germans in the world range from 100 to 150 million, most of whom live in Germany
Zitat von Lumich im Beitrag #1165Nur Schade, dass man zu dieser überraschenden Erkenntnis nicht vor der letzten Wahl gekommen ist.
Und was hätte das verändert?
In der Debatte um ein Verbotsverfahren gibt es drei Lager: Die einen sind strikt dagegen, ein Teil ist zögerlich und wartete das Ergebnis der Untersuchungen durch den Bundesamt für Verfassungsschutz ab, und dann gibt es die Befürworter. Eine sofortige Veränderung gibt es jetzt nicht, aber man hat für mein Empfinden viel Zeit vertan. Immerhin ändern sich in den Presseorganen jetzt die Standard-Formulierungen wie "in Teilen gesichert rechtsextrem". Bei allem Verständnis: Diese Partei war letzte Woche genauso rechtsextrem wie heute.
Persönlich war ich die längste Zeit gegen ein Verbot der AfD, sehe aber inzwischen keine andere Möglichkeit mehr, diese Partei aufzuhalten. Das löst nicht das Problem des Rechtsextremismus an sich, aber schützt unsere Demokratie, zumindest mittelfristig.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Zitat von Lumich im Beitrag #1172Persönlich war ich die längste Zeit gegen ein Verbot der AfD, sehe aber inzwischen keine andere Möglichkeit mehr, diese Partei aufzuhalten. Das löst nicht das Problem des Rechtsextremismus an sich, aber schützt unsere Demokratie, zumindest mittelfristig.
Das Problem wird sein, dass sich nach einem Verbot der Hass und die Radikalität noch steigern werden. Außerdem wird ruckzuck eine neue Partei unter neuem Namen gegründet, die dann sehr wahrscheinlich noch mehr Zulauf bekommen wird.
Der Tod der menschlichen Empathie ist eines der frühesten und deutlichsten Zeichen dafür, dass eine Kultur gerade in Barbarei verfällt. (Hannah Arendt)
Zitat von LFB im Beitrag #1171Ich kann mir vorstellen, dass die Begründung für die Einstufung, wonach die AfD einem "ethnisch-abstammungsmäßigen Volksverständnis" anhinge, das verfassungsfeindlich sei, anfechtbar ist.
Die AfD hat sämtliche Klagen gegen die Verfassungsschutzämter der Länder verloren. Die Gefahr, dass die AfD diese Einstufung gekippt bekommt, sehe ich als sehr gering an.
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Zitat von Lumich im Beitrag #1172Persönlich war ich die längste Zeit gegen ein Verbot der AfD, sehe aber inzwischen keine andere Möglichkeit mehr, diese Partei aufzuhalten. Das löst nicht das Problem des Rechtsextremismus an sich, aber schützt unsere Demokratie, zumindest mittelfristig.
Das Problem wird sein, dass sich nach einem Verbot der Hass und die Radikalität noch steigern werden. Außerdem wird ruckzuck eine neue Partei unter neuem Namen gegründet, die dann sehr wahrscheinlich noch mehr Zulauf bekommen wird.
So schnell geht das meiner Einschätzung nach nicht. Auch die Bindung an so zahlreiche Wähler geschieht nicht über Nacht. Gleichwohl glaube ich auch nicht, dass ein Verbot das Problem löst, aber es verschafft erstmal Zeit, in der sich die restlichen Parteien nicht von der AfD treiben lassen. In dieser Zeit könnte man sich um die echten Probleme kümmern.
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Genau so ist es. Es wäre jetzt auch ein guter Zeitpunkt, um AfD-Wähler nicht mehr länger als verführte verlorene Schafe zu behandeln. Wer eine rechtsextremistische Partei wählt braucht sich nicht zu beschweren, wenn er selbst in Nazi-Ruch gerät. So dumm kann nun wirklich keiner mehr sein. Zumal die Einstufung durch den Verfassungsschutz erfolgte, also eine Organistaion, die bis vor wenigen Jahren selbst auf dem rechten Auge komplett blind war.
@LFB Wer regelmäßig versucht, zwischen Bio-Deutschen und Deutschen zweiter Klasse zu unterscheiden, z.B. indem man die Vornamen von Straftätern abfragen will, hängt nun mal einem ethnisch-abstammungsmäßigen Volksverständnis an, da kann es keine zwei Meinungen geben. Das ist ganz eindeutig Rassismus, und das steht klar im Widerspruch zu unserer Verfassung.
Dazu kommt, dass es einen Unterschied macht, ob man aus Identifikationsgründen zwischen verschiedenen Arten von Deutschen oder Deutschsein unterscheidet, oder ob man tatsächlich Rechtsfolgen aus einer derartigen Unterscheidung fordert. Ersteres ist eher unappetitlich, letzteres klar verfassungsfeindlich.
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Was ein AfD-Verbot betrifft, wirst du mich wahrscheinlich zu den zögerlichen zählen. Nicht dass ich ihnen eine Träne nachweinen würde, aber eine nennenswerte Problemlösung kann ich in einem Verbot nicht erkennen. Die Anhänger sind danach ja noch immer da. Viel wichtiger wäre es, Institutionen wie z.B. Gerichte demokratiefest zu machen und z.B. - bevor es, wie in Thüringen, zu spät ist - zu verhindern, dass eine 31,8-%-Partei die Wahl von Verfassungsrichtern blockieren kann.
Wie gesagt: Das Verbot wäre keine Lösung, lediglich eine Notmaßnahme. Wenn ein Haus mit defekter Elektrik brennt, muss man zunächst den Brand löschen, um anschließend die Ursache zu beheben, sofern vom Haus noch etwas übrig ist.
Wir müssen an dieser Stelle feststellen, dass alle Versuche, die AfD politisch zurückzudrängen gescheitert sind. Wir haben jetzt die Situation, dass alles, was irgendwie schief läuft und einiges, was sich so darstellen lässt, bei der AfD einzahlt. Die Nähe zur NS-Ideologie scheint die WählerInnen entweder nicht zu schrecken, oder es ist sogar ein Grund mehr für sie.
Die AfD hat es in der Vergangenheit geschafft, ihre Themen (bzw. ihr Thema) in Politik und Medien zu setzen. Die tatsächlichen Probleme rund um Klima, Bildung, Gesundheit, Verkehr, Justiz/ Sicherheit fallen dabei völlig aus dem öffentlichen Bewusstsein. Von der CDU bis zu den Grünen und dem BSW sind alle auf den Ausländer-Raus-Zug der AfD aufgesprungen. Dieser Ideologie muss das wichtigste Sprachrohr genommen werden, bevor pünktlich zum 100. Jubiläum ein Revival erleben.
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Nein, das werden sie sicher nicht, aber für die anderen ergäben sich neue Möglichkeiten, andere Themen zu setzen. Für WählerInnen gäbe es wieder mehr Auswahl. Niemand kann vorhersehen, ob diese Chance wirklich sinnvoll genutzt würde, aber deshalb prophylaktisch auf diese Chance zu verzichten, kann ich nicht als sinnvoll erachten.
Um es nochmal kurz zu sagen: Wirklich niemand glaubt, dass alles besser würde, wenn man die AfD verbietet.
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Zitat von CobraBora im Beitrag #1176Es wäre jetzt auch ein guter Zeitpunkt, um AfD-Wähler nicht mehr länger als verführte verlorene Schafe zu behandeln. Wer eine rechtsextremistische Partei wählt braucht sich nicht zu beschweren, wenn er selbst in Nazi-Ruch gerät. So dumm kann nun wirklich keiner mehr sein. Zumal die Einstufung durch den Verfassungsschutz erfolgte, also eine Organistaion, die bis vor wenigen Jahren selbst auf dem rechten Auge komplett blind war.
Dem Großteil der AfD-Wähler ist es vollkommen scheißegal, ob die Partei als rechtsextrem eingestuft wird. Im Gegenteil, das ist eher eine Auszeichnung bzw. nur ein Zeichen dafür, dass die Partei seitens der anderen Parteien beseitigt werden soll.
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Zitat von CHX im Beitrag Politik und Wirtschaft Ein Parteiverbot der AfD halte ich für abwegig bzw. nicht sinnvoll. Die Überzeugungen und die Wählerschaft der AfD werden durch ein Parteiverbot nicht verschwinden. Im Gegenteil, ein Verbot führt mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu noch mehr Polarisierung, Wut und Radikalität.
Davon bin ich leider auch überzeugt. Halte von einem Verbot nicht viel. Man täte gut daran, sie anderweitig auszuhebeln, aber das erfordert Zeit und Arbeit.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
---------------------------------------------------------------- From the river to shut the fuck up.
Sehe gerade, hierzu wurde in dem Thread schon viel geschrieben, mit dem ich konform gehe. Definitiv haben wir es jetzt noch dazu mit einem selbsternannten Märtyrerstamm der guten, alten Böhse - Onkelz - Schule zu tun. Alle mißverstanden, großer Zusammenhalt gegen eine feindliche Umwelt. Die Spaltung dieser Gesellschaft ist endgültig vollzogen.
We don't believe in anything we dont stand for nothing. We got no "V" for victory cause we know things are tougher.
(Iggy Pop/James Williamson: "Beyond The Law")
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Zitat von CHX im Beitrag Politik und Wirtschaft Ein Parteiverbot der AfD halte ich für abwegig bzw. nicht sinnvoll. Die Überzeugungen und die Wählerschaft der AfD werden durch ein Parteiverbot nicht verschwinden. Im Gegenteil, ein Verbot führt mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu noch mehr Polarisierung, Wut und Radikalität.
Davon bin ich leider auch überzeugt. Halte von einem Verbot nicht viel. Man täte gut daran, sie anderweitig auszuhebeln, aber das erfordert Zeit und Arbeit.
Anderweitig aushebeln hat nicht geklappt, und ich sehe auch nicht, dass es in Zukunft klappt. Die anderen Parteien waren bis hier her nicht schlau genug, und haben jedes Mal das Spiel der AfD mitgespielt. Unsere Demokratie ist so sehr in Gefahr, wie sie es sei 1933 nicht mehr war. Ich denke schon, dass man sich auf wirksame Methoden konzentrieren muss, auch wenn sie einem prinzipiell nicht behagen. Ich bin ganz bestimmt kein Freund von Verboten, aber anders scheint es nicht mehr zu gehen.
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