superultrasuperspontan mach ich doch mit, hey.
wenn es sowas wie einen roten faden gibt, dann vielleicht "(überwiegend) unbekannte und vergessene perlen jenseits von spotify und amazon".

1. Sons Of The Desert - Greedy

Mein bester Freund Dirk, wohnhaft in Killarney, Kerry Co., Ireland, wird hier ja immer wieder gern erwähnt, weil allerlei Prominenz in seiner Gegend haust oder hauste, und nicht selten auch an seinem Tische saß. Wer hingegen zu Unrecht den Prominentenstatus nicht erreichte, ist Ewan Shiels (ein Cousin von Dirks Nachbar), der einst nach Australien auswanderte, dort mit seiner Frau Tracey die unglaubliche Weird-Noise-Folk-Band Sons Of The Desert gründete, und mit dieser wiederum nach Frankreich zog, um dort einige Jahre lang ein bisschen lokale Karriere zu machen (der Franzose als solcher scheint ein Faible für verkrachte Folkies aus Irland zu haben, Paul Tiernan treibt sich da u.a. auch rum). Die Zutaten des zwischen betörenden Melodien und fingenagelaufrollendem Krach changierenden Oeuvres stammen von Irish- und Balkan-Folk über nahöstliche Harmonik bis zu Punk aus so ziemlich jeder musikalischen Tradition, die sich mit elektrisch versaubeutelten Zupf- und Streichinstrumenten zerschnetzeln lässt.
Was die Welt verpasst hat, wird sie wohl nicht mehr begreifen, weil die Alben online kaum zu finden sind, und zwischenzeitlich eine eklige Country-Rock-Band gleichen Namens alle Alexas der Welt besetzt hat. Aber wer interessiert ist, darf sich das Album hier herunterladen. Ich such derweil mal auf discogs nach den anderen.

2. Bruce Woolley & The Camera Club - English Garden

Zwei gute Freunde, Bruce und Trevor, schrieben mal zusammen einen richtig tollen Song. Bruces Version von "Video Killed The Radio Star" stank allerdings ein bisschen gegen Trevors ab, und so ging auch das tolle Album dazu ziemlich unter, zumal es sich nicht so recht zwischen Postpunk und Glam entscheiden mochte. Genau das ist es aber, was ich heute reizvoll daran finde.



3. Mia Diekow - Ärger im Paradies

Eine wunderbare und hochsympathische Kollegin aus der Synchronblase lud mich vor einigen Jahren zu ihrer Record-Release-Party ein, und ich ward davongespült - ein derart überwältigendes Konzert hätte ich nicht erwartet. Das Album steht dem kaum nach.
Leider hat LongCovid Mia voll erwischt, zZt geht fast gar nichts bei ihr. Drücken wir ihr die Daumen!



4. Joe Jackson - Look Sharp

Ja, ich weiß, ich hab schon eins von ihm in meiner letzten Liste gehabt. Aber das hier ist das fucking DEBÜTALBUM! Unfassbar, was für einen Werdegang der Mann seither hingelegt hat, aber genauso unfassbar, welche Energie einen schon auf dem Erstling anspringt! Und 1978 PowerPop rulez sowieso immer wieder!



5. Thomas Dolby - The Flat Earth

gerade ist er aus dem camera club ausgestiegen, und hat diesen novelty-hit mit "science" gehabt, da macht er schon wieder ganz andere sachen, atmosphärisch und emotional. auch einer von denen, die immer neues gesucht, und sich dabei oft verstiegen haben. das hier ist für mich sein bester anlauf.



6. Cake - Fashion Nugget

Möglicherweise die abgenudeltste "Indie"-Platte der 90er, und dennoch immer wieder ein steter Quell der Freude für mich. So furztrocken und verspult verschleppt sonst keiner die Phrasierungen; und die Trompete, hachz! Live leider sehr unsympathisch, sonst wären sie die Band des Jahrzehnts für mich geworden.



€: weiter gehts:

7. Martha & The Muffins - This Is The Ice Age

Mein kanadischer Mitbewohner brachte mir das weiträumige Werk dieser unterschätzten Band jenseits von "Echo Beach" näher. Und als Hybrid zwischen dem wavigen Frühwerk und dem atmosphärischen Pop der späteren Alben ist mir das dritte das liebste. Übrigens eine der ersten Produktionen von Daniel Lanois, der damals noch nicht Schöner-Wohnen-Kataloge vertonte.



8. Inara George with Van Dyke Parks - An Invitation

Inara, Tochter von Little Feats früh verstorbenem Mastermind Lowell George, trifft sich mit dem genialischen Beach-Boys-Arrangeur, und macht eine völlig versponnene Platte für die wee small hours. Drückt bei mir eine Menge Knöpfe, sei es an verregneten Sonntagen oder in kerzenreichen Nächten.



9. Keine Zähne im Maul, aber La Paloma pfeifen - Postsexuell

Eine ganz andere Baustelle, aber nicht minder bezwingend. Drei hässliche alte Säcke sagen, wie's ist, ohne je zu platt oder klischiert zu werden; also echte Identifikationsobjekte für mich. Und das Konzert gehörte zu den besten, derer ich je teilhaftig wurde. Als sie sich aufgelöst haben, musste ich ein bisschen weinen.
Den "Hit" kennt ihr eh alle, also stattdessen mein Lieblingsvideo:



10. Swamp Dogg - Love, Loss And Autotune

Ein spinnerter Eigenbrötler seit den frühen 70ern, bekannt für die hässlichsten Plattencover aller Zeiten ("Rat On!"), lässt sich von der Moderne nicht schrecken, und dafür von Justin Vernon produzieren, natürlich unter Höchsteinsatz des im Albentitel genannten Foltergeräts. Und siehe da, er schafft es tatsächlich, mich alten Autotune-Hasser zu bekehren - zumindest immer wieder für die Dauer dieses berührenden Albums.