Wer das Kapital dafür einsetzt, dass andere was davon haben (zB eine Wohnung bereitstellt und mit der Miete die Wohnung erhält, oder einen Arbeitsplatz bereitstellt), der soll bitte unbedingt Kapital haben. Auf seine Mieteinnahmen wird ihm ja auch die Hälfte abgezogen.
Wenn selbst die Hausmeisterin jammert, dass die Mieten so niedrig sind, dass keine Rücklagen für ein Neudecken des Dachs gemacht werden können, dann sehe ich nicht dass da auch noch was von der eh zu geringen Kapitaldecke abgezogen werden sollte. Und nein, unsere Hauseigentümer leben nicht in Saus und Braus von unseren Mieten, sondern haben alle ganz normale Berufe. Und ja, meine Miete ist traumhaft niedrig.
Und noch eine "schöne" Geschichte. Eine befreundete Theologin und Sozialarbeiterin, die sich auch sehr in Somalia und Äthiopien engagiert, beschreibt das größte Problem der Region liege darin, dass wirtschaftlicher Erfolg dort geächtet ist. Wenn da einer im Dorf seine Kaffee-Ernte gut verkauft hat, dann muss er eine Party fürs ganze Dorf schmeißen. Würde er stattdessen neue Bewässerungsanlagen bauen, und daraufhin mehr Leute beschäftigen können, dann wäre er sozial geächtet.
Zitat von fanwander im Beitrag #2868Und noch eine "schöne" Geschichte. Eine befreundete Theologin und Sozialarbeiterin, die sich auch sehr in Somalia und Äthiopien engagiert, beschreibt das größte Problem der Region liege darin, dass wirtschaftlicher Erfolg dort geächtet ist. Wenn da einer im Dorf seine Kaffee-Ernte gut verkauft hat, dann muss er eine Party fürs ganze Dorf schmeißen. Würde er stattdessen neue Bewässerungsanlagen bauen, und daraufhin mehr Leute beschäftigen können, dann wäre er sozial geächtet.
Es geht darum, dass Kapital nicht böse ist. Die individuelle Macht, Kapital in einzelne Zwecke fließen zu lassen, ist für die Lebensfähigkeit einer auf wirtschaftlicher Freiheit aufbauenden Gesellschaft absolute Notwendigkeit. Man mag gerne bestimmte Sorten von Zwecken ächten (das nennt man dann soziale Marktwirtschaft). Aber das Grundkonzept zu ächten ist einfach Sägen am Ast, auf dem man sitzt.
Niemand hat gesagt, dass Kapital böse ist. Was ist das bitte für ein Quatsch? Mein Vergleich von Besteuerung von Lohnarbeit gegenüber der von vererbtem Vermögen war m.M.n. mehr als anschaulich.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.
Aber ich interpretiere Deine Aussage so, dass ererbtes Vermögen per se böse ist.
Und ich sage, dass ererbtes Vermögen, das für das Bereitstellen von Lohnarbeit genutzt wird, eben nicht böse ist. Wäre es anders, dann müsste jeder Arbeitgeber am Anfang seiner Laufbahn bei Null anfangen.
Wenn ererbtes Vermögen nur für Drogen und schlechte Platten ausgegeben wird, ist es meinetwegen böse.
„Gut“ oder „böse“ ist keine Kategorie, mit der ich politisch argumentieren würde. Hier geht es um Steuerprivilegien, die einigen wenigen zu Gute kommen, die das Glück haben zu erben. Wenn man hingegen schon ab knapp über 1000 EUR Monatslohn Einkommenssteuer zahlt, was weit mehr Menschen betrifft, als die, die erben, dann finde ich den Vergleich schon legitim, wenn man sich anschaut, wieviel von einem Erbe versteuert wird.
Und weil du Anekdoten so gern magst: Fast die Hälfte des deutschen Waldes befindet sich in Privatbesitz. Davon wiederum gehört ein erheblicher Anteil denselben wenigen Adelsfamilien. Seit dem Mittelalter.
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Zitat von fanwander im Beitrag #2866Wer das Kapital dafür einsetzt, dass andere was davon haben (zB eine Wohnung bereitstellt und mit der Miete die Wohnung erhält, oder einen Arbeitsplatz bereitstellt), der soll bitte unbedingt Kapital haben. Auf seine Mieteinnahmen wird ihm ja auch die Hälfte abgezogen.
Und weil du Anekdoten so gern magst: Fast die Hälfte des deutschen Waldes befindet sich in Privatbesitz. Davon wiederum gehört ein erheblicher Anteil denselben wenigen Adelsfamilien. Seit dem Mittelalter.
SO :)
Womöglich habe ich zu kurz, zu schwammig oder missverständlich formuliert, es geht mir nicht um "normale" Erbengemeinschaften, auch nicht um das "Kleine" Unternehmen. Es sind Millionäre und Milliardäre die sich beim Thema gerechte Steuern erfolgreich drücken und "entlasten", dies prangere ich an. Aber aus mir spricht eher mein Sinn für Gerechtigkeit, ich bin da kein versierter "Fachmann", aber das wir verladen werden könnte jedem/r auffallen.
Zitat von Lumich im Beitrag #2867Ich fürchte diese Anekdote taugt kaum zur Verallgemeinerung. Der Wohnungsmarkt würde sonst anders aussehen.
ich fürchte, der wohnungsmarkt sieht unter anderem genau deswegen so aus, wie er aussieht. ich selbst wohne auch in einem haus in familienbesitz, und bin sehr froh darum, weil die wohnungen eben nicht vollmodernisiert werden, um den entsprechenden preis zu erzielen, sondern schlicht gut instand gehalten werden. ein teil der eigentümerfamilie wohnt ebenfalls hier (was auch den dienstweg bei etwaigen problemen sehr kurz hält), und geht wie oben erwähnt ganz normalen berufen nach; keiner fährt hier dicke autos oder jettet um die welt, dafür sind alle am erhalt der gemeinsamen immobilie und an einem angenehmen miteinander unter den mietern interessiert. meine anekdotische evidenz erstreckt sich im übrigen auf zahlreiche weitere freunde und bekannte, und es lässt sich zumindest innerhalb meines erfahrungsbereichs das klare muster feststellen, dass die mieter einer immobilie im privatbesitz bei insgesamt sehr viel angemesseneren mietpreisen deutlich seltener grund zur klage haben. es gibt ein paar ausnahmen, deren wohnungen von größeren gesell- oder genossenschaften geführt werden, und die unterdurchschnittliche mieten zahlen. die sind aber schon seit ewigkeiten im vertrag, und bei zweien ist das dach undicht bzw seit monaten das waschbecken nicht benutzbar.
das haus meiner schwiegereltern, in dem meine exfrau zZt noch wohnt, wird wohl auch in absehbarer zeit veräußert werden müssen - meine schwiegermutter ist schon über 90, und die erbengemeinschaft besteht mittlerweile aus zehn angehörigen der zweiten generation, die zwar alle gerne möchten, dass das haus in familienbesitz verbleibt, aber zu verstreut wohnen, um es gemeinsam nutzen zu können, und allesamt zu wenig kohle haben, um einander auszahlen zu können. das ist aber eh eine komplizierte geschichte, bei der die erbschaftssteuer nur die sahne auf dem kuchen darstellt.
Jetzt können wir natürlich anfangen, uns gegenseitig Geschichten um die Ohren zu hauen. Da gäbe es vieles zu erzählen, von vorgetäuschtem Eigenbedarf, Sanierungs-Tricks, die die Mieten hochtreiben und Anwalts-Terror. Der Punkt ganz im Allgemeinen ist, dass ich das Risiko für die schwächeren durch wirksame Gesetze minimiert sehen will, und nicht auf den Guten Willen von Hauseigentümern angewiesen sein möchte. So viel zum Mietmarkt. Was die Erbschaft angeht, helfen mir Geschichten über Unternehmer und Investoren, die ganz tolle Sachen machen herzlich wenig. Ich möchte keine Wohltätigkeit, ich möchte eine faire Umverteilung. Was dann mit den Geldern passiert, wird zumindest ein Stück weit demokratisch entschieden und nicht völlig willkürlich. Dass Trickle-Down-Märchen, dass am Ende alle davon profitieren, wenn die jeweils reichsten ungestört ihre Gewinne machen können, ist doch nun wirklich häufig genug widerlegt worden.
☟ smog in berlin. nichts wie hin. weil du mich küsst, bin ich kein tourist.