Die Aktion ist halt kontraproduktiv. Die meisten Leute in diesem Land sind alt und konservativ. Die erreichst du sicher nicht damit, indem du Gemälde mit Kartoffelbrei bewirfst.

Das Problem ist ja auch nicht, dass den (meisten) Menschen die Problematik des Klimawandels nicht bewusst wäre und die Bereitschaft nicht groß ist, weiter zu dessen Eindämmung beizutragen. Störend an diesen Aktivisten sind vielmehr ihre arrogant-selbstgefällige Art inklusive Selbstermächtigung zur Ausübung von unsinnigen Straftaten, ihre überholte Kapitalismuskritik, ihre weltfremden und altbackenen Konzepte, die allgemeine Einbettung ihrer Forderungen in den immergleichen linken Kanon (wenn schon Klimaschutz dann auch direkt bedingungslos offene Grenzen), sowie ihre Weigerung einzusehen, dass aktionistische regionale oder nationale Alleingänge gegen den Klimawandel nichts bewirken, ggf. sogar kontraproduktiv sind.
Einer modernen und effizitenen Politik zum Schutz des Klimas schaden diese Aktionen.

autobahnen blockieren finde ich nicht gut, weil dort wirklich unschuldige unter umständen signifikante konsequenzen erleiden könnten.
der protest sollte weiter laut und kräftig sein, ein patentrezept für „richtigen protest“ hätte ich aber nicht.

die suppe auf van gogh hat mich auf das klicken lassen:

da hat sie einfach recht.

Und super vorgetragen. Chapeau.

Es ist halt ein sehr schmaler Grat: Die Aktionen müssen Aufsehen erregend und störend genug sein, dass sie die Menschen durchschütteln und aus ihrer ohnmächtigen Problem-Ignoranz herausholen, aber nicht so abgedreht und allgemein nervig, dass sich die Öffentlichkeit nur noch mit der Aktion und nicht mehr mit den Positionen beschäftigt. Ich will zum Kartoffelbrei im Museum gar nicht mehr viel sagen, habe aber einfach das Gefühl, dass wir vorsichtig sein sollten, inhaltlich richtigen und wichtigen Protest komplett zu verteufeln, weil einzelne Aktionen in der Tendenz auf der falschen Seite des oben erwähnten schmalen Grates landen.

Ich kann nicht sehen, dass seit den vermeintlichen Anschlägen auf Kunstwerke oder das Festkleben auf Fahrbahnen die Debatte um Klimaschutz intensiviert oder sonstwie verbessert worden wäre. Stattdessen gibt es haufenweise Diskussionen um diese Aktionen. Ich halte die Strategie für misslungen, auch oder gerade weil ich das Anliegen dahinter teile.

Da sind wir uns einig, mir ging’s nur um den Ton und die Aufgeregtheit der Debatte. Aber lassen wir das, wir wiederholen uns hier alle nur noch, glaube ich.

Proteste an sich werden mitunter moralisch kritisiert.
Weil sie Regelbrüche darstellen!

Ein Gemälde wird eben teils mit irren Millionensummen gehandelt.
Andernorts im abgerodeten Regenwald würde man „das Farbgeschmiere“ mitsamt Rahmen wohl eher praktisch nutzen,
es zu Klump hauen und damit ein Lagerfeuer unterhalten … und sich so vielleicht ein warmes Kartoffel-Süppchen kochen.
Damit schließt sich quasi der Kreis, die Kartoffeln landen brav im Magen und es gibt fortan einen Staubfänger weniger… win win...



Der „zivile Ungehorsam“ ist ein moralisch begründeter, öffentlicher Regelbruch.

Auch in anderen Staaten und Kulturen wird bei Protesten nicht selten gegen dortige Gesetze und Regelungen verstossen.



Juristisch betrachtet hat das Bundesverfassungsgericht spätestens seit dem Brokdorf-Beschluss die Rechtsprechung zum "Protestrecht" vorgegeben.
Ein jeder Staat bedarf des Korrektivs in Form von aktiven BürgerIinnen, die das "Ungezähmte" und Unmittelbare des demokratischen Prinzips permanent zum Ausdruck bringen.
Das Bundesverfassungsgericht würdigte am Wesen der Demokratie gerade das Wilde, Ungezähmte und Herrschaftskritische.



Natürlich … wird etwa eine Autobahnzufahrt durch Sitzblockade stundenlang unbenutzbar gemacht inkl. Staus, dann sehen manche dies als Nötigung,
als gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, als Versammlungsstraftat oder Ordnungswidrigkeit.

Solche Blockaden fallen aber zumeist unter den Versammlungsbegriff des Art. 8 Grundgesetz (GG).
Die Blockaden sind in aller Regel friedlich. Unfriedlich wäre eine Versammlung, die auf physische, aggressive Gewalt abzielt.
Es ginge dabei also um mehr als nur Behinderung/Störung.
Laut Absatz 2 des § 240 StGB ist eine Nötigung nicht "verwerflich", wenn die Versammlungsfreiheit durchgreift.
Es gibt eben kein grundrechtliches Sonderrecht für Autobahnen und deren Nutzer.


Gerade im Zuge der Klimakrise besteht juristisch bereits eine Art "Notstand in Permanenz".
Denn die Menschheit hat nur noch wenig Zeit für nötige Korrekturen.
Ungeduldige Protestformen, auch solche, die schnell auf eine maximale Aufmerksamkeit zielen, werden daher künftig an Bedeutung noch gewinnen.
Auch wird der „zivile Ungehorsam“ stärker angewendet und es kommt so wohl auch zu verstärkten öffentlichen Regelbrüchen.


Protestieren ist übrigens immer mehr als nur Kritik üben.
Denn eine Kritik übt man meist genau im Rahmen der vorgegebenen Regelungen.

Es geht beim Protest nicht um ein „das darf man aber nicht“. Sondern um den Regelbruch.
Es geht um ein „man darf das zwar eigentlich gar nicht, aber wir tun es jetzt trotzdem“...

Es gibt den Protest als gewaltfreien Widerstand oder als gewaltfreie Aktion.
Oder eben den Protest in der Form von offenem zivilen Ungehorsam.
Proteste können sich steigern hin zu Unruhen, Aufständen, Revolten oder gar Revolutionen.

Ich muss nachher einkaufen und ich hasse samstags einkaufen gehen müssen. Sehr.