Hier soll es mal um Extrem-Musik gehen, also solcher, die von den meisten Menschen wahrscheinlich nicht als Musik identifiziert wird. Von extremem Grindcore-Geklöppel bis John Cage ist alles erlaubt, gerne mit ein paar Worten, was ihr mit dieser Musik verbindet - muss ja kein langer Text sein.

das Portsmouth Sinfonia Orchestra wurde anfang der 70er von einem musikwissenschaftler gegründet, um das wesen der musikalität zu erforschen. ziel war es, heauszufinden, was geschieht, wenn nachweislich musikalische protagonisten sich auf einem von ihnen nicht beherrschten instrument ausdrücken müssen.
das ganze war durchaus prominent besetzt (dabei waren u.a. bryan eno, michael nyman und kate st john), und entwickelte sich zu einem überraschenden kommerziellen erfolg, der sich in ausverkauften konzerten und mehreren alben niederschlug (ich selbst besitze das kleinod "20 rock classics"). jenseits des wissenschaftlichen erkenntniswerts ist der genuß der aufnahmen allerdings nichts für zartbesaitete gemüter - ich vermute, dass die scheiben seinerzeit eher zu später stunde aufgelegt wurden, um die nicht so nüchternen gäste endlich zu vertreiben.

Throbbing Gristles Comeback Album ist vielleicht sogar ihr poppigster Output, aber der Eröffnungstrack ist trotzdem ein ziemlich forderndes, rhythmisches Monster.

Nach einem Asthma Medikament benannt, was als Nebenwirkung zu einem Tinnitus führen kann. Hier ist das Stück dazu. Damit kann man auch prima die Nachbarn schocken

Zu einem Krach-Thread gehören natürlich auch Einstürzende Neubauten, also habe ich mal ein paar Hörbeispiele aus verschiedenen Schaffensperioden der ersten 13 Jahre zusammengestellt. Alle diese Tracks finde ich großartig.

Zitat

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Auf einer Bonus-12’’ lag der Erstveröffentlichung des Albums das Instrumental-Stück Das Schaben in zwei Versionen bei. Dieses basierte auf Yü-Gung, allerdings mit veränderter Geräuschabfolge und bestand nur aus Klangmustern von quietschenden, kreischenden, aufeinander reibenden Metallstücken. Im Gegensatz zur Version mit Gesang ist kein wirklicher Aufbau erkennbar. Beide Stücke unterschieden sich nur geringfügig. Bei den späteren CD-Veröffentlichungen wurden beide Versionen zu einem fast 10-minütigen Song zusammengefasst.(Wiki)

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Für mich war das ein früher Einstieg für Drone-Ambient, auch wenn ich das Stück nicht unbedingt zu diesem Genre zählen würde. Die Herangehensweise, verschiedene Geräuschflächen zusammen oder gegeneinander ins Verhältnis zu setzen, ähnlich wie bei Merzbow, ist mir dort das erste Mal begegnet. Zusammen mit dem Soundtrack von Eraserhead ist das für mich der wichtigste Einfluss, der mich die Schönheit von Krach erfahren ließ.

Guter Thread!
Mit Die Tödliche Doris, den geliebten Neubauten (YAY!!) und Aphex Twin rennt man bei mir offene Türen ein - wenig Wunder also, dass auch Liars gut ankommen. (Danke für den Tipp!)

Zum Lärm könnte ich die (Post-)Industrial-Band Haus Arafna beisteuern, die ich etwa 2000 für mich entdeckt habe (natürlich auf irgendeiner Grufti-Party; die EBM-Leute scheinen so was zu mögen) und seitdem immer wieder gerne höre. "Angstpop" hieß das damals - ich glaube, eine Eigenbezeichnung der Band. Passend, finde ich.
Ich mag die Aggressivität darin und das Bedrohlich-Bizarre. Paradoxerweise wirkt das auf mich beruhigend: Ich hab Haus Arafna oft gehört, als ich während meines Geologiestudiums als HiWi am Mikroskop gearbeitet habe und mit dünnen Nadeln & viel Geduld Zirkone aus Gesteinsproben picken musste ...

Natürlich wäre "Tanz Debil" oder was anderes von den Neubauten oder Throbbing Gristle dabei. Ich will trotzdem drei persönliche Erlebnisse schildern.

Das erste war in den frühen Siebzigern, meine erste selbst gekaufte Langspielplatte mit Musik drauf, also keine Märchen oder Pumuckl oder so, sondern das "Weiße Album" der Beatles. Ich lag in meinem Zimmer und hörte die Platte so für mich bis "Helter Skelter" kam, was meine Mutter veranlasste, mich aufzusuchen und mir zu verstehen zu geben, dass das keine Musik sei und von dem Krach die Haustiere der Nachbarn stürben. Tatsächlich waren die Nachbarn aber viel cooler und hatten sowieso alle Platten der Beatles

die neubauten, auf jeden fall. und wenn wir schon bei blixa bargeld sind, die frühen sachen von nick cave (ca from her to eternity) sind auch nicht unbedingt, was man leichte musik nennen würde.

wie steht es mit drone-zeug? sunn o))) & boris zum beispiel? sunn o))) hab ich mal live gesehen und das entwickelt schon einen hypnotischen sog, wenn einem jemand zwei stunden lang tiefe gitarrentöne ins gesicht drückt. auf platte kann ich mir das nun wirklich nicht immer anhören, aber es ist für mich auf "der guten seite".

Danke an @Von Krolock und @drosophila . Die persönlichen Bezüge machen es noch interessanter zu lesen und zu hören.

Helter Skelter ist in vielerlei Hinsicht ein Meilenstein. Erst vor kurzem lernte ich, dass das Stück von einer Riesenrutsche dieses Namens auf einem Jahrmarkt handelt, und plötzlich ergibt dieser einst so kryptisch anmutende Text einen ganz konkreten Sinn. Wenn man bedenkt, was Charles Manson da alles hineininterpretiert hat…

Zu Jesus & Mary Chain fällt mir ein, wie ich die ersten Male zu Silvester bis nach Mitternacht fernsehen durfte und ein wilder Musikmix lief. Ich glaube ich sah da zum ersten Mal Gestalten wie die Cramps und die Pogues (Shane‘s Gebiss hat tiefe Eindrücke hinterlassen) sah.

sunno))) wollte ich auch noch erwähnen. Die hatte ich 2019 live gesehen und fand sie beeindruckend, auch wenn es mir nicht 100%ig gefallen hat. Aber die Inszenierung und der Sound waren schon ihr Geld wert. Mir hätte es mit Sängerin besser gefallen als mit dem Grunzer, auch wenn seine Stimmakrobatik ebenfalls sehr beeindruckend war. Drone, in seinen vielfältigen Varianten, ist absolut ein Thema für mich und ich freu mich auch, wenn in diesem Thread noch mehr aus der Richtung landet. Gleiches gilt auch für Orchestrales und Neo-Klassisches oder (Free-)Jazz.