Differenzierter Umgang mit medialer Berichterstattung ist eine tägliche Herausforderung, also möchte ich einen Thread diesem Thema widmen. Wann immer Nachrichten in der Presse und/ oder sozialen Medien verbreitet werden, die Fragen aufwerfen, hinsichtlich ihres Wahrheitsgehaltes, könnte man dies hier teilen, ebenso wenn bestimmte Mechanismen diesbezüglich auffallen, die häufig erkennbar sind.

Ich fange mal an mit einer Meldung, die seit dem vergangenen Wochenende durch zahlreiche Nachrichtenmedien geisterte, die für viel Besorgnis, wenn nicht sogar Bestürzung gesorgt hat: Nach einer Studie sollen etwa ein Drittel der jungen Männer (18 bis 35 Jahre) kein Problem mit Gewalt gegen Frauen innerhalb von Beziehungen haben.

Wenn man einer zutiefst pessimistischen Aussage wie dieser nicht recht trauen möchte, gilt man schnell als naiv. Ich konnte und kann es mir tatsächlich nicht vorstellen und stellte mir schnell Fragen nach der Methodik. Und siehe da: Was mehrere Zeitungen zunächst als Studie verkauft haben, war in Wirklichkeit nur eine Umfrage, deren Aussagekraft man durchaus in Zweifel ziehen kann, wie die Berliner Zeitung aktuell berichtet. Ich glaube allerdings kaum, dass diese Neueinordnung eine ähnliche Aufmerksamkeit bekommt.

Danke für die Aufklärung in diesem Fall, hätte ich sonst wahrscheinlich nicht mitbekommen.

Ob nun Umfrage oder Studie, erschreckend ist das Ergebnis schon, selbst falls es nur teilweise repräsentativ ist (was zu überprüfen wäre). Zum Glück wird es aber in gewohnter Manier umgehend für uns kontextualisiert:

Zitat

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Die „Tagesschau“ nennt die Ergebnisse sogar ein „traditionelles Rollenbild“ der jungen deutschen Männer. Zum Text wählte der ÖRR ein Bild einer Reihe von Männern im Fußballtrikot und mit Bier in der Hand.

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Natürlich müssen das fast ausschließlich tumbe, ziemlich sicher rechte, biertrinkende, urdeutsche Bauernlümmel in Fußballtrikots gewesen sein, die bei so einer Umfrage Gewalt in der Beziehung rechtfertigen und sich an öffentlich gezeigter Homosexualität stören. Jeder andere Gedanke ist komplett abwegig. Belegen lässt sich das ja sicher auch damit, dass vor 20-30 Jahren weitgehend identische Ergebnisse herauskamen, wie könnte es anders sein?

Wenn du den Artikel liest, findest du da zahlreiche Anhaltspunkte, warum diese Umfrage nicht repräsentativ sein kann. Allein die Erhebung von gerade einmal 1000 Befragten, ohne erkennbare Streuung disqualifiziert das Ganze bereits.

Was die traditionellen Werte angeht, gibt es ja keinen Zweifel, dass Gewalt in Beziehungen (traditionell in der Ehe) einst eine hohe Akzeptanz genoss. Man sieht es noch heute in alten Filmen, mindestens bis in die 60er-Jahre. Insofern sind Traditionen als Erklärungsmodell nichts abwegiges. Darüberhinaus wurden auch andere Rollenvorstellungen befragt, wie z.B. die Rolle des Mannes als Ernährer der Familie.

Jetzt hat sich auch ZAPP dieses Themas angenommen: